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Khlesl – Wortgewaltiger Emporkömmling

Kardinal Melchior Khlesl sei der beste deutschsprachige Redner seit Martin Luther, hieß es in Rom, wo Khlesl in der Engelsburg um seine Rehabilitation kämpfte.

Khlesl liebte die Kraft der klaren Sprache und die Macht des zweideutigen Wortes. Er genoss die Aufmerksamkeit der Zuhörer seiner Predigten wie auch die der Kurfürsten, die er auf die Linie seines Herrn bringen wollte.

Für die Widersacher zeichnete seine Kunst zu sprechen etwas Manipulatives aus. Herzog Wilhelm von Bayern warnte seine Schwiegersohn Ferdinand von Innerösterreich, den späteren Kaiser Ferdinand II., er solle sich fern von Khlesl halten. Dieser würde selbst Jesuiten von ihrer Überzeugung abbringen, hatte der Bayernherzog erfahren. Khlesl predigte die Notwendigkeit der Realpolitik, während Wilhelm und Ferdinand auf die Macht der katholischen Radikalität setzten. Und Wilhelm befürchtete, Khlesl könnte seinem Schwiegersohn den harten katholischen Kurs ausreden.

Wie Khlesl die Sprache nutzt

Der Bäckersohn Khlesl brauchte die Kraft der Sprache, um an die Spitze eines weitgehend vom Adel dominierten Kaiserhofes zu kommen. Leistung, Einsatzwille und Redekunst waren sein Ausgleich für die niedere Geburt. Das unterschied ihn von Richelieu. Dieser war ein Aristokrat unter Aristokraten, der sein Bistum Luçon als Ausstattung eines Agnaten mit höfischen Verbindungen erhielt.

Khlesl bekam das Bistum Wien wegen seiner Fähigkeiten und gegen seinen Erfolg. Das marode Zwergbistum sollte seinen Handlungsspielraum einengen und ihm den Wind aus den Segeln nehmen. Den Kampf gegen die Rivalen mit viel Herkunft und Besitz führte er auch, indem er dick auftrug. Großspurige Worte vermittelten eine Stärke, die er brauchte, um die Schwächen zu meistern. Als Generalreformator im Österreich der 1580er-Jahre wie auch als Friedenspolitiker und Günstling-Minister des Kaisers setzten ihm seine Möglichkeiten enge Grenzen.

Allerdings nutzte er seine Redekunst anders, als jesuitische Prediger oder eifernde Prädikanten. Er suchte nicht die Konfrontation, sondern wollte überzeugen – mit Argumenten, aber auch mit der ihm eigenen Schläue. Die Konfrontation hielt er für unvernünftig, weil sie ihm keinen Erfolg versprach.